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Neues Kühlsystem für den Kristall

Das ursprüngliche Kühlsystem der Abbildung 5 hat deshalb nur eine sehr begrenzte Kühlleistung, weil der Stickstoffbehälter zu weit vom Kristall entfernt ist. Dadurch muss die Wärme des Kristall über einen zu grossen Weg abgeführt werden und durch thermisches Einstrahlen erwärmt sich das gesamte Kühlsystem. Die Tieftemperaturanlage zur Abkühlung des Kristalls muss folglich in seiner unmittelbarer Nähe platziert werden. Die Abbildung 6 illustriert das neue Prinzip.

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Abbildung 6: Prinzip des neuen Kühlsystems. Im Vakuumsystem steht eine Büchse, welche zweifach nach aussen durchgeführt ist, damit man diese mit Flüssigstickstoff (LN2) füllen kann. In der Büchse dient ein massives T-förmiges Kupferkstück als Kühlkorper, das durch die Büchse nach oben ins Vakuumsystem geführt wird und dort mit dem Kupfertisch und Kristall über einen thermischen Kontakt verbunden werden kann.

In der Tat steht nun mit dem ins Vakuumsystem durchgeführten Ende des Kühlkörpers eine Tieftemperaturanlage zur Verfügung, welche in unmittelbarer Nähe des Kristalls ist.
Die Wärme im Kristall muss an die umgebende Halterung aus Kupfer und an den Kupfertisch abgegeben werden, danach vom Kupfertisch in den Kühlkörper geleitet werden und zuletzt vom Kühlkörper an den Flüssigstickstoff abgegeben werden. Deshalb muss man bei der Abschätzung der Kühlleistung des neuen Kühlsystems zwei Arten der Wärmeübertragung unterscheiden:

Wärmeübergang
ist eine spezielle Form des Wärmetransports, bei der die Wärme von einem Festkörper ( Stoff) durch ein Fluid ( Medium) abtransportiert wird.
Wärmeleitung
ist eine Form der Energieübertragung, bei der zwei Festkörper direkten Kontakt haben müssen, damit die Teilchen des einen Körpers durch Stösse Energie auf die Teilchen des anderen Körpers übertragen können.

Der Temperaturverlauf als Funktion der Zeit bei der Abkühlung durch Wärmeübergang wird durch den folgenden Ausdruck beschrieben

  Tα(t) = (T0-T1LN2)exp{(-{αA1C1}t}+T1LN2,

wobei T0= 300 K die Anfangstemperatur des Stoffes, TLN2= 77 K die Stickstofftemperatur, A1= 157 cm2 die Oberfläche des Stoffes im Medium und C1= 227 J/K die Wärmekapazität des Stoffes ist. Der Wärmeübergangskoeffizient α bewegt sich in der Grössenordnung 10<α<1000 W/K/m2. Den Abkühlvorgang bei Wärmeleitung durch eine Wand beschreibt der nächste Ausdruck

  Tλ(t) = (TA-TB)exp{(-{λA2s C2}t}+TB,

wobei TA,B die Temperaturen der beiden KörperA,B sind, A2= 2.9 cm2 die Kontaktoberfläche der beiden Körper, C2 die Wärmekapazität der Körper und s=3 cm die Wanddicke ist. Die Wärmeleitzahl λ ist 4.01 W/K/cm. Für den Abkühlvorgang des Kristalls müssen die beiden Ausdrücke (1, 2) miteinander gekoppelt werden. Dazu setzt man im Ausdruck (2) für TB=TB(t)≡Tα(t) ein.

  Tλ(t) = (TA-TB(t))exp{(-{λA2s C2}t}+TB(t).

Eine Abschätzung liefert 80 K Kristalltemperatur nach 20 Minuten Abkühlzeit.

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Abbildung: Zeitlicher Verlauf des Abkühlens mit dem alten und neune Kühlsystem. In der Abbildung rechts wurde der gekoppelte Ausdruck (3) gefittet. Sobald der Stickstoff kocht ( 10 Minuten), stimmt die Messung mit der Theoriefunktion gut überein.

Beim Schockkühlen des Kühlkörpers unterscheidet man verschiedene Phasen. Da anfänglich der Temperaturunterschied zwischen dem Kupfer und dem Flüssigstickstoff sehr gross ist, verdampft der Stickstoff auf der Kupferoberfläche und es bildet sich eine Gashülle um das Kupfer, die isolierende Wirkung hat. Dabei ist α klein und das Abkühlen geht langsam voran. Allmählich verdampft der Stickstoff nicht mehr auf der gesamten Kupferoberfläche und somit wird α sehr schnell grösser und damit kühlt sich der Kupferkörper auch rasch ab. Die gemessenen Zeiten für das Abkühlen des Kühlkörpers liegen in der Grössenordnung von t60 s. Die Kühlleistung am Ende des Kühlkörpers ist von der Grössenordnung Φ10 W/K. Die Abbildung 7 vergleicht den Abkühlvorgan in Abhängigkeit der Zeit für die alte und die neue Tieftemperaturanlage. In der Tat erreicht man nach t<30 Minuten die gewünschten 80 K Kristalltemperatur.


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Peter Niederberger
Thu Aug 12 09:29:27 CEST 1999